Dienstag, 21. Oktober 2008

Buchreview "Wolfsnacht"

Tom Egeland. Kristin Bye ist erfolgreiche Fernsehmodertorin beim norwegischen Sender ABC, wo sie ihre eigene Talkshow, ABC Debatt, hat. Bei einer Livesendung zum Thema Tschetschenienkonflikt kommt es zur Katastrophe: Die geladenen Gäste entpuppen sich als tschetschenische Freiheitskämpfer und nehmen alle Menschen im Studioals Geiseln. Ihre Forderungen: Unabhängigkeit für Tschetschenien, 25 Millionen Euro Lösegeld , freier Fluchtweg und Auslieferung des Terroristen Aslan Gairbekow. Mit ihm haben die Geiselnehmer noch eine Rechnung offen, denn er ist ebenfalls Tschetschene, floh aber nach der Zerschlagung seiner militärischen Einsatzgruppe aus dem Land und lebt nun unter anderem Namen als Asylant in Norwegen. Die Fernsehnation ist während des Dramas im Studio live dabei, denn die Geiselnehmer bestehen darauf, dass ABC auf Sendung bleibt und setzen diese Forderung durch, indem sie eine Geisel erschiessen. Der Polizei gelingt es tatsächlich, Aslan aufzuspüren, und er lässt sich gegen einen Grossteil der Geiseln austauschen. Aber es tauchen immer mehr Fragen auf: Warum übernimmt plötzlich eine geheime Sonderabteilung die Befehlsgewalt in der russischen Botschaft? Warum soll die norwegische Regierung zwei Flugzeuge bereitstellen? Auf welcher Seite steht die Dolmetscherin Anette? Wer ist Aslan wirklich und was wollen die Geiselnehmer tatsächlich erreichen? Erst im letzten Moment gelingt es der Polizei, die Geiselnehmer zu stoppen und die wahren Hintergründe ihrer Tat zu klären.



Ein weiteres Output skandinavischer Prägung und erster Roman einer Reihe um die Fernsehmoderatorin Kristin Bye. Der Autor hat schon durch den Roman "Frevel" auf sich aufmerksam gemacht, der sehr viel Ähnlichkeit zu Dan Browns "Sakrileg" aufweist, aber zwei Jahre zuvor verfasst wurde, jedoch erst später in Deutschland veröffentlicht wurde.




Zu Beginn erweckt die Story den Eindruck eines neuen Terror-Thrillers amerikanischen Stils, doch dass dem nicht so ist, wird bald klar. Während die Politiker hinter den Kulissen in ihren Großraumbüros national (und international) Betroffenheit bekunden und um Mittel und Wege beratschlagen, die Krise zu beenden, ohne selbst am Ende mit einem Makel dazustehen, falls etwas misslingt, also die Verantwortung immer schön nach unten weitergeben, die Presse in einer Manier Schlagzeilen produziert, wie es hierzulande nur von dem Vier-Buchstaben-Faltblatt ohne ordentliche Satzstellung bekannt ist, macht der Verhandlungsführer des Geiselbefreiungsteams die unangenehme Feststellung, dass er es mit einem außerordentlich intelligenten Gegner zu tun hat, die ihren wahren Ziele durch ständige Täuschungsmanöver zu vertuschen wissen und zudem Hilfe von außen haben, sodass die Handlungsstränge nicht auf das Geschehen im Studio beschränkt bleiben.


Um die Beweggründe der Geiselnehmer zu analysieren hat sich Egeland akribisch in die Tschetschenienproblematik eingearbeitet und verbindet Information mit seinem Story-Gerüst, ohne dabei allzu trocken zu dozieren und damit den Spannungsaufbau zu zerstören. Sein runder, gut lesbarer Stil tut sein Übriges, um das Buch zu einem echten "Page-Turner" zu machen, ohne allzu vordergründig auf Action zu setzen.


Also bis zum unerwarteten Schluss ein guter Roman des Norwegers, der auf weitere Veröffentlichungen hoffen lässt (die auch schon angekündigt wurden). Übrigens sind die Geschehnisse des Biches auf 10 Stunden komprimiert, sodass die kurzen Kapitel und schnellen Szenenwechsel eine Wirkung erzielen wie die Bildteilung bei der TV-Serie "24". Nicht unbedingt etwas für die Actionfreunde, aber als spannender Thriller durchaus empfehlenswert.

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