Donnerstag, 30. Oktober 2008

Buchreview "Unbekannt verzogen"


Michael Connelly. Henry Pierce steht mit seiner Firma kurz vor einem revolutionären Durchbruch: Er arbeitet an einem Rechner, bei dem Informationen nicht mehr mittels Siliziumchips, sondern auf Molekularebene chemisch übertragen werden. Er verhandelt gerade mit einem Sponsor, der das aufwändige Projekt finanzieren soll. So gut es offensichtlich mit seiner Firma steht, so schlecht sieht es in seinem Privatleben aus. Seine Freundin hat ihn eben erst vor die Tür gesetzt, und er musste sich eine neue Wohnung suchen. Dort erhält er vom ersten Tag an Anrufe von Männern, die eine gewisse Lilly sprechen wollen. Pierce verfolgt die Spuren der geheimnisvollen Frau und gerät dabei in eine Welt voller Internetseiten mit Call-Girls, Sex und Leidenschaften, in der ihm all sein Erfolg und Expertenwissen nichts mehr nützen. Er wird des Mordes verdächtigt, und nicht nur die Polizei heftet sich an seine Fersen.



Seine Meriten als Romanautor verdiente Connelly sich speziell mit seiner Reihe um den desillusionierten Polizisten und Privatdetektiv Harry Bosch, aber auch durch den Roman "Das zweite Herz", den Clint Eastwood unter dem Originaltitel "Blood Work" ins Kino brachte, was Michael Connelly wohl auch dazu veranlasst hat, den Regisseur mittlerweile in jedem seiner Romane namentlich auftauchen zu lassen.
Die hier vorliegende Geschichte kann man sich durchaus als Warnung zu Herzen nehmen, aufzupassen, welche Telefonnummer einem bei einem Anbieterwechsel oder Neuanschluss zugeteilt wird und was sich daraus entwickeln kann, wenn man darüber hinaus noch viel zu neugierig ist. Curiosity kills the cat.
Der Protagonist besitzt eine Firma und arbeitet an Patenten für Molekularcomputer (vergleichbar mit den Geräten aus "Die phantastische Reise" oder "Die Reise ins Ich") und man wird anhand der wissenschaftlichen Ausführungen automatisch etwas an Michael Crichton erinnert, aber ohne dass sich die Erfindung hier auf eigene Wege begibt, sondern sich "nur" ein Kriminalfall entwickelt, bei dem die Gefahr eigentlich nur vom Firmenbesitzer selbst ausgeht, da er sich unbedacht und durch seine Wissbegier letztendlich ins Pornomilieu begibt und somit seine Zukunft sowie die seiner Firma aufs Spiel setzt - und das bloß wegen einer Telefonnummer, die zuvor jemand anderem gehörte, was noch eine wichtige Rolle im Verlauf der Geschichte spielen wird.
Der Thriller steigt nicht sofort ins spannende Geschehen ein, sondern baut die Story langsam auf, um dann im Mittelteil deutlich an Tempo zuzulegen, wenn die Hauptfigur durch verschiedene Parteien bedroht wird, von der Polizei verdächtigt wird und dann die Ermittlungen auf eigene Faust fortsetzt, was ihm nicht sonderlich wohl bekommt, da er denn doch eher Forscher ist als Ermittler. Spannend und interessant bleibt das Buch die meiste Zeit über, da man nicht zu schnell erkennen kann, wer hinter der ganzen Misere steckt und sie ausgeheckt hat. Insgesamt ein guter Krimi aus der Hand eines Fachmannes, den ich Thrillerfans durchaus ans Herz legen kann, obwohl ich persönlich die Reihe um "Harry Bosch" bevorzuge, die ja vom selben Autor stammt, wie eingangs erwähnt.

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