Samstag, 16. August 2008

Buchreview "Codename Viper"

Patrick Robinson. Unter der Rubrik Politthriller wird uns hier ein Technothriller serviert. Argentinien in Jahr 2010: Noch immer ist die Schmach der Niederlage im Falkland-Krieg der 1980-er Jahre nicht vergessen, und der Hass auf die Briten sitzt tief. Die Malvinas, wie die Falklandinseln in der Landessprache heißen, gehören nach Meinung der Argentinier zu ihrem Land, die Engländer sind nur verhasste Besetzer. So lässt sich die argentinische Regierung von Russland leicht überzeugen, noch einmal einen Überraschungsangriff auf Großbritannien zu starten. Handstreichartig werden die Inseln vor der Küste erobert, in einer hochgeheimen Mission leistet Russland Schützenhilfe. Ihr Atom-U-Boot viper K 157 fügt den Engländern den größtmöglichen Schaden zu. Russland jedoch hat allein ein wirtschaftliches Interesse: Das Land benötigt dringend Erdöl. die Förderung der neuen Quellen auf den Falklandinseln will man gemeinsam mit Argentinien betreiben. Der US-amerikanische Admiral Morgan verfolgt die Entwicklung mit Sorge. Natürlich werden die USA Großbritannien beistehen müssen, wenigstens inoffiziell und mittels verdeckter Aktionen. Dies ist seine große Stunde: Der Einsatz einer "Phantomarmee" wird geplant.
Ich beginne mit dem, was mit negativ auffällig geworden ist. Die Politiker (nicht dass ich eine allzu positive Einstellung zu der Gattung der "Homo Laberus" hätte) kommen ziemlich schlecht weg. Speziell der englische Premier wird als eine unfähige Schaufensterpuppe im Spiel um Wählerstimmen gezeichnet - feige, entschlusslos, kriecherisch. Der US-Präsident kommt natürlich etwas besser weg, aber bei genauem Hinsehen entpuppt er sich als Marionette von Militär und Wirtschaft (da hat sich wohl von heute bis zum Jahre 2010 in Führungskreisen aller Welt nix geändert). Und Robinson macht sich munter daran, Ausgabenkürzungen bei Militärs zugunsten sozialer Projekte für Arbeitslose, Drogenbekämpfung und Gesundheitswesensowie unterdrückte Schwule und Lesben als fehlerhaft hinsichtlich der Empfänger darzustellen, da diese ja eh nur unverbesserliche Faulenzer oder Drückeberger zweifelhafter Natur seien und somit britische Ausgaben in solche Programme besser in Militärkreisen zur Verteidigung verwendet werden könnten. Der US-Präsident lässt sich in der Hinsicht natürlich nicht angreifen, da die Verteidigungsausgaben hoch sind, die Armeeführung immer im Recht ist und wenn ein Wirtschaftsboss seine Interessen sowie die Gewinne auf den besetzten Inseln in Gefahr sieht, wird gehandelt. Geld und Politik eben, ist ja heute nicht anders, wenn die Bosse mit Politikern kungeln. Ansonsten stört mich eigentlich nur die übliche einseitige Charakterzeichnung der Figuren: die feigen Briten (in Form der Politiker), die ehemalige Weltmacht am Abgrund (Briten unzulänglich bewaffnet und nicht richtig im Kampf ausgebildet), die hinterhältigen Angreifer (Argentinien und Russland) sowie die immer heldenhaften, bestens gedrillten und loyalen Kämpfer für eine gerechte Welt (natürlich nur aus Amisicht zu Aminutzen) aus Amerika. Sollte jemand die obigen Kritikpunkte so verstehen, dass mir das Buch nicht gefiel, liegt er falsch. Dass Tom Clancy uns jetzt schon seit Jahren nicht mehr mit eigenen Büchern versorgt, hat eine Lücke gerissen, die Robinson zumindest größtenteils ausfüllen kann. Nicht ganz die Klasse von TC, aber nahe dran. Ebenfalls positiv ist die Vorstellung der Hauptfiguren seines Romans vor Beginn der Geschichte, ohne allerdings etwas vom folgenden Geschehen vorwegzunehmen. Die Schilderung der Separationsversuche des größten Erdöllagers Sibirien von den Russen und deren Gegenmaßnahmen zeigt schon seine Qualität, die er mit dem Spinnen der militärischen Intrigen gegen Großbritannien fortsetzt. Vorbereitung und Umsetzung des Angriffs sind gut in Szene gesetzt, wobei die Schilderung der Kampfhandlung nicht den größten Raum einnimmt, aber zu gefallen weiß. Der Zeitraum bis zum Eintritt der USA mit der erwähnten "Phantom Force" (eine Eliteeinheit) wird etwas zu ausführlich geschildert, um die wirtschaftlichen Auswirkungen und die Reaktion der Wirtschaftsbosse sowie die Kleinarbeit der amerikanischen Geheimdienste und ihre fast hellseherischen Fähigkeiten in der Voraussage der nächsten Geschehnisse entsprechend zu würdigen. Militäreinsatz über alles, aber nur dem eigenen Vorteil oder des schnöden Mammons willen, über die Briten (gemeint sind die Zivilisten) auf den Inseln wird kaum ein Wort verloren. Wenn jemand Tom Clancy als republikanischen Rechtsverteidiger bezeichnet hat, dann dürfte dies auch auf Patrick Robinson zutreffen. Sein Admiral Morgan, für mich nur schwerlich als Sympathiefigur zu akzeptieren, ist ein Kriegstreiber erster Güte, aber es ist alles ein Roman und um der Handlung willen ist ein solches Verhalten dann auch akzeptabel. Der zweite Teil des Buches beschreibt den Angriff der USA auf die Argentinier (selbstverständlich ohne Kriegserklärung im Geheimen),um sie von den Inseln zu vertreiben und nachdrücklich daran zu erinnern, dass sie keine weiteren Aktionen wagen sollten. Zudem wurde bei der britischen Kapitulation nach den ersten Kampfhandlungen eine SAS-Einsatzgruppe auf den Inseln zurückgelassen, die natürlich von den befreundeten Amerikanern (um diese Menschen macht sich Amerika dann Sorgen, sind ja Militärkumpels) gerettet werden müssen, bevor die eigentlichen Angriffe auf Argentinien vollständig ins Rollen kommen. Die erstklassige amerikansiche Planung durch Admiral Morgan und seinen Stab sorgt natürlcih dafür, dass der Einsatz nicht nur ohne Verluste vonstatten geht, die Engländer samt und sonders gerettet werden und argentinische Truppen auf eigenen Stützpunkten aussehen wie Dilettanten, sondern Argentinien sich auf Bedingungen einlässt, um die Angriffe zu beenden, die Amerika und dessen wirtschaftlichen Interessen zu Gute kommen. Besagtes russisches Atom-U-Boot aus dem Klappentext, das den Argentiniern zu Hilfe kommt, zerstört bei den ersten Angriffen auf die marode englische Flotte, die zur Rückeroberung der Falklands vor den Inseln in Stellung ging, einen (den einzig ob der Etatkürzungen noch verbliebenen) Flugzeugträger der Engländer und ward dann nur noch auf Rückreiseetappen erwähnt, bis es dann kurz vor erreichen der Heimat in der Enge bei GIUK (Grönland, Island und United Kingdom) doch noch torpediert wird. Schließlich kann Amerika ja keinen Gegner verschonen. Auch diese Aktion geschieht, ohne dass je einer erfahren wird, dass das U-Boot von den amerikanischen Streitkräften vernichtet wurde. Ein flüssig geschriebenes Buch, das eine Steigerung im Vergleich zum letzten Werk des Autors darstellt und zugleich auch eines seiner besten ist. Wer Politthriller im Stile von Clancy schätzt, kann ohne Bedenken zugreifen, auch wenn dessen Klasse nicht vollständig erreicht wird. Review anhand der gebundenen Ausgabe erstellt.

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